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Antworten zum Thema „High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren“

Picturehunter

Docendo discimus, sapere aude, incipe!

Ich hatte in einem anderen thread etwas über HDR-fähige JPG Formate geschrieben und hatte angeboten, noch etwas mehr dazu zu schreiben. Das war der vorherige Beitrag:

Es existiert schon seit längerem ein JPG-HDR Format (seit 2004), was in seinen Metadaten HDR Informationen kodiert speichert. Es ist dennoch konform mit dem Standard JPG Format. D.h., es kann als tonemapptes jpg von jedem jpg-fähigem Viewer angezeigt werden, mit der geeigneten Software kann aber auch mittels der kodierten und gespeicherten HDR-Informationen das ursprüngliche HDR rekonstruiert werden, mit allem drum und dran. Das Format hat sich noch nicht richtig etabliert, da es immer wieder lizenzrechtliche Streitigkeiten gab, wenn es von Interesse ist, schreibe ich gerne noch etwas dazu, wie es entstanden ist usw. :)
Und so geht es weiter:

Alles began 2002 mit dem ERI Format, ein von der Firma Kodak entwickeltes spezielles jpg-Format (ERI = Extended Range Imaging JPG). Dieses spezielle Format zeichnete sich dadurch aus, dass es in seinen Exif-Metadaten zusätzliche Bildrelevante Informationen speichern konnte, eben z.B. Tonwerte, die im normalen jpg nicht mehr unterzubringen waren. Dennoch war dieses Fomat mit dem Exif 2.1 Standard konform, d.h., dass jeder Viewer, der das normale jpg Format anzeigen kann, auch in der Lage war, das ERI-jpg* anzuzeigen, allerdings natürlich nur dessen reinen jpg Inhalt ohne die zusätzliche HDR Information. Um letztere auch nutzen zu können, war ein spezieller Viewer nötig, und zwar der Kodak-eigene DSC Photo Desk. Zusätzlich wurde ein import-tool für Photoshop angeboten, mit der Bezeichnung FFM. Inzwischen ist dieses Format Geschichte, denn Kodak hat die Produktion der einzigen Kameraserie, die dieses Format speichern konnte, der DSC Pro, schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

*Das bereits fertige jpg-Bild war nicht getonemapped, sondern lediglich das, was auch sonst als jpg von jeder anderen Kamera gespeichert wird, nur der Kodak-Viewer konnte auf die HDR Daten zugreifen und ein echtes HDR rekonstruieren, das sich dann erst per tonemapping in ein individuell gemapptes LDR-Bild verarbeiten ließ.

2003 kam dann ein weiteres sehr interessantes jpg-Format auf die Welt, entwickelt von niemand geringerem, als Prof. H. Dersch, dem wir u.a. auch die genialen Pano-tools zu verdanken haben, die wiederum bis heute die Grundlage fast aller Panoramaprogramme darstellen. Das Format trägt die Bezeichnung F-jpg (Floating Point JPEG). es funktioniert sehr ähnlich wie das ERI-jpg und nutzt die Metadaten des jpg, um dort weitere Tonwertinformationen speichern zu können, allerdings geschieht dies auf eine andere Art und Weise. Ich will das an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, sonst wird das hier noch ein sehr sehr langer Beitrag. Das Besondere an diesem Format ist, dass es internettauglich ist. Es gibt einen Javabasierten Viewer, der in der Lage ist, die Dynamik des gespeicherten jpgs variabel anzuzeigen, d.h., man kann mit einem kleinen Slider am Viewerfenster oder mittels 2 Tasten auf der Tastatur quasi die Dynamik regeln. Der Nachteil ist, dass es nur mit diesem Viewer angezeigt werden kann. Und auch die Erstellung des F-jpg Formats ist ausschließlich mit dem Dersch-tool möglich. Andere Viewer können das F-jpg Format leider nicht korrekt anzeigen und die Einbindung dieses Formats samt Viewer in andere gängige Bilbearbeitungsprogramme ist nicht umgesetzt worden. Damit beschränkt sich der Nutzen dieses Formats auf Javafähige Browser, die dann ein interaktives HDR möglich machen.

2004 kam dann das JPEG-HDR zur Welt, u.a. entwickelt von Greg Ward, ein Format, das sich ebenfalls des Metabereichs einer jpg-Datei bedient, wenn auch.......ja richtig, wieder etwas anders. Dieses Format speichert nicht einfach das normale jpg Bild mit zusätzlichen TonwertInformationen ab, wie das ERI-Format, sondern es bietet für jeden jpg-fähigen Viewer die Möglichkeit, ein bereits fertig getonemapptes Bild anzuzeigen, also quasi das, was man sonst aus einer Belichtungsreihe mit z.B. Photomatix erzeugt. Fragt mich jetzt bitte nicht, mit welchem Rechenalgorithmus dieses automatische Tonemapping bewerkstelligt wird, aber es entspricht in etwa der Einstellung "auto" in einem HDR-tool. Das Besondere aber ist, dass dieses Format eine nahezu vollständige Reproduktion des ursprünglichen HDRs ermöglicht, auf das dann wieder ein ganz eigenes mapping oder was auch immer erfolgen kann.

Eines ist damit klar, sollte sich in naher Zukunft der erfassbare Dynamikbereich bei der Aufnahme deutlich erhöhen (egal, ob nun die Chips leistungsfähiger werden oder Multishot-Techniken das bewerkstelligen), ist ein passendes jpg-Format bereits verfügbar. Ob und wie das geschieht, liegt derzeit in den Händen der Firma Dolby, die die Lizenz für das JPEG-HDR erworben hat.

Nur der Vollständigkeit halber sei noch das HD Photo Format der Firma Microsoft und XDepht genannt, 2 weitere Kandidaten für HDR-JPGs. Man kann sicher sein, dass weitere Formate diesbezüglich das Licht der Welt erblicken werden, welche davon sich letztendlich durchsetzen werden ist dagegen völlig offen...



Ich habe das Thema jetzt nur kurz angerissen, denn man könnte ganze Bücher dazu schreiben. Aber vielleicht konnte ich da einen kleinen Überblick verschaffen, wie der Stand der Dinge ist.



Edit:
Hier noch eine Infoseite zur Kodak Pro mit Erläuterungen zum ERI-Format:

http://wwwde.kodak.com/global/de/pr...t/eriFFMMain.jhtml?id=0.2.26.28.3.16.13&lc=de


Edit 2:
Und hier noch der link zur Microsoft Seite, wo über den JPEG-XR Standard berichtet wird:






VG
Frank
 
Zuletzt bearbeitet:

Photoshop

Teddyblue

Nicht mehr ganz neu hier

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Danke für diesen wirklich tollen Beitrag. Finde es immer wieder interessant wie sich alles weiter entwickelt.

Gruss Teddy
 

Refi

Nicht mehr ganz neu hier

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Ist ja eine interessante Entwicklung, kannte ich noch nicht. Da werde ich doch gleich mal die Suchmaschine starten.
 

thomaskeil

Aktives Mitglied

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Interessante Ansätze, aber macht es nicht nur Sinn, wenn es die Kameras schon bei der Aufnahme verwenden, und wird jemand sein raw-Format dafür aufgeben?
 

behemoth65

Aktives Mitglied

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Sehr interessanter Beitrag, vielen Dank dafür. Aber unabhängig davon gilt nach wie vor
jpeg=komprimiert=Farbinformationsverlust. (sollte ich mich irren bitte ich um Korrektur). Allerdings spielt das für Webformate nicht die entscheidende Rolle. Von daher auf jeden Fall ein Fortschritt.
Für Print wird dieses Format aber vermutlich eher untauglich sein, von daher dürfte sich die Frage "RAW oder Nicht-RAW ?" gar nicht stellen.
 

rilo1

Man lernt nie aus...

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Wirklich guter und interessanter Beitrag - vielen Dank!

@behemoth65: ja, jpg ist ein komprimiertes Format - und das ist gut so. Ohne Komprimierung wäre ein HDRI-Bild in typischer Bildschirmauflösung kaum noch webfähig - da viel zu groß! Bilder die man häufig bearbeitet (oder noch bearbeiten möchte) und die man für besonders wertvoll erachtet, sollten dagegen natürlich in nicht komprimierten bzw. besser gesagt, verlustfrei komprimierbaren Formaten gespeichert werden.
 

SempervivumTec

Querkopf

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Hallo Frank,

vielen Dank für die umfassende Information.
Für mich als weniger technisch Begabten, ist das immer ganz unfaßbar, wie schnell sich die Entwicklung vollzieht.
 

Picturehunter

Docendo discimus, sapere aude, incipe!

AW: High Dynamik Range (HDR) in ein JPG implementieren

Hallo Leute, vielen Dank für Euer feedback! :)


Interessante Ansätze, aber macht es nicht nur Sinn, wenn es die Kameras schon bei der Aufnahme verwenden, und wird jemand sein raw-Format dafür aufgeben?
Die Fragen sind berechtigt, ich denke, beim ERI-JPG und der Kodak *** PRO Kamera wurde das ja bereits erfolgreich umgesetzt (ich hatte dazu übrigens oben noch einen link dazu ergänzt), ein weiterer Kandidat wäre die Fuji S3/S5 Pro Serie, die das HDR-JPEG sicher auch hätte nutzen können.
Das RAW-Format kann da absolut in Co-Existens zu leben, denn es ist immer noch als digitales Negativ zu betrachten, also die Tonwerte in Reinform (leider sind einige RAW-Formate herstellerseitig bereits verändert und weisen nicht mehr die Natürlichkeit eines reinen RAWs auf...ob das nun gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage...).

Ich bin mir sicher, dass da noch was kommen wird. ;)




Sehr interessanter Beitrag, vielen Dank dafür. Aber unabhängig davon gilt nach wie vor
jpeg=komprimiert=Farbinformationsverlust. (sollte ich mich irren bitte ich um Korrektur). Allerdings spielt das für Webformate nicht die entscheidende Rolle. Von daher auf jeden Fall ein Fortschritt.
Für Print wird dieses Format aber vermutlich eher untauglich sein, von daher dürfte sich die Frage "RAW oder Nicht-RAW ?" gar nicht stellen.
Die JPG Komprimierung ist ein sehr komplexer Rechenprozess, der einerseits gewissen Grundregeln unterliegt, andererseits aber auch viel Flexibilität zuläßt. Im Bezug auf eine Reduktion der "Farbinformation" würde ich eher sagen: kann sein, muß aber nicht, denn das hängt davon ab, ob....

An dieser Stelle müßte man nun deutlich tiefer in die JPG-Materie einsteigen, ich sage daher erstmal nur "Farb-Subsampling".


Was den Printbereich angeht, da würde ich sagen, dass das HDR-JPG da zumindest keine Nachteile gegenüber einem Standard-JPG hat. Es enthält die gleichen Informationen, und halt zusätzlich noch ein paar mehr, die man nutzen kann, aber nicht muß! Speziell beim JPEG-HDR müßte man evtl nochmal ein tonemapping durchführen oder eine Einzeldynamik aus der Datei entwickeln, sofern nötig, aber die Informationen, die in einer normalen JPG-Datei zu finden sind, befinden sich auch in einer HDR-JPG Datei, also kein Nachteil.

Nur ein echtes RAW oder eine RAW Belichtungsreihe ist dem HDR-JPG deutlich überlegen, denn da ist kein verlustbehaftetes Format im Spiel und es müssen auch keine original HDR Tonwertdaten quasi per reverse-engineering zurück errechnet werden.


Ich gehe davon aus, dass das HDR-JPG eine Erfolgsstory werden kann, denn Megapixel- und ISO-Wahnsinn sind technisch ziemlich ausgereizt, nun wird man sich hoffentlich auf eine größere Dynamikbandbreite konzentrieren. Und genau dafür ist das HDR-JPG ideal, es ist rel. klein, läßt eine sehr flexible Nutzung zu (in Reinform, als Grundlage für individuelles tonemapping und freie Wahl des gewünschten Dynamikbereiches), ist hoffentlich genau wie das F-JPG dann auch flexibel internettauglich und es ist vor allem abwärtskompatibel zu den etablierten Viewern.

Das M P 3-Format wurde auch erst mitleidig belächelt und trotz seiner qualitativen Unterlegenheit gegenüber der Original-Pressung hat es seinen Siegeszug angetreten, es ist halt so gut, wie man es haben will, also flexibel, und es weist einen hohen Kompatibilitätsfaktor auf, man kommt sich da ja schon fast wie ein Veteran vor, wenn man eine Original CD einlegt, statt einen EMPE3-USB-Stick zu verwenden... :D


HDR-JPG...man darf gespannt sein...




VG
Frank
 
Zuletzt bearbeitet:
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