Basiswissen - Teil 02 - Linsensuppe für Fotografen: Warum Objektive so kritisch sind

In einer 18-teiligen Tutorialreihe erfahren Sie alles Grundlegende zur digitalen Fotografie. Welche Kameras gibt es, was zeichnet ein gutes Objektiv aus, wie geht man mit digitalen Daten um, wie nutzt man die vielen Einstellmöglichkeiten einer Digitalkamera usw.
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Linsensuppe für Fotografen
Warum Objektive so kritisch sind
Das Objektivprogramm der großen Hersteller umfasst vom extremen Weitwinkel oder Fisheye über Spezialobjektive für Makro und Tilt/Shift bis zum Superteleobjektiv alles, was man für die Fotografie benötigt. Im Bild die Objektive von Canon. (Foto: Canon)Die Fotos wurden vom gleichen Standpunkt aufgenommen. Die verwendeten Brennweiten sind 17 mm, 50 mm, 135 mm und 400 mm.
Technische Merkmale
Objektive werden entweder fest mit der Kamera verbunden (Kompaktkameras) oder als Wechselobjektive konzipiert, die an Spiegelreflexkameras angesetzt werden können. Zwei wichtige technische Merkmale charakterisieren ein Objektiv für die digitale Fotografie: die Brennweite und die Lichtstärke. Die Brennweite wird in Millimeter angegeben und sagt aus, wie groß der minimale und maximale Abbildungsmaßstab eines Objekts ist. Einfach ausgedrückt: Je größer die Brennweite, desto größer wird – bei gleichem Motivabstand – ein Motiv auf dem Sensor abgebildet. Da die effektive Brennweite abhängig ist von der Größe des in der Kamera eingebauten Sensors, müssen Sie sich beim Kamera- bzw. Objektivkauf noch ein paar zusätzliche Gedanken machen. Steht auf dem Objektiv einer Kompaktkamera z.B. die Brennweite 4,7-47 mm (Beispiel Panasonic DMC-TZ5), bedeutet das, dass die Brennweite im Vergleich zum Kleinbildformat 28-280 mm beträgt. Der Grund für diese Umrechnung ist der im Vergleich zum Kleinbildformat (Vollformat) um ungefähr den Faktor 5,96 kleinere Sensor der Kompakten (4,7 x 5,96 = 28). Achten Sie also immer darauf, welche Brennweite eine Kompakte im Vergleich zum Kleinbildformat bietet. Diese Information ist grundsätzlich im Handbuch oder auf der Verpackung vermerkt.Eine typische Megazoom-Kompaktkamera mit fest eingebautem Objektiv. Der Brennweitenbereich liegt bei ca. 28-280 mm (Kleinbildformat), man ist also grundsätzlich für fast alle fotografischen Situationen gerüstet. (Foto: Panasonic)
Crop-Faktor bei SLRs
Die am weitesten verbreiteten digitalen Amateur-SLRs von Canon und Nikon, aber auch die Kameras von Sony, Olympus, Pentax usw. arbeiten mit Sensoren, die kleiner sind als das Kleinbildformat. Die Umrechnungsfaktoren (Crop-Faktor) betragen hier 1,5 (z.B. Nikon), 1,6 (Canon) oder 2 (z.B. Olympus). Das bedeutet, Sie müssen beim Kauf eines Objektivs die Brennweite mit dem entsprechenden Faktor multiplizieren, um die effektive Brennweite zu erhalten. Ein Objektiv mit der Brennweite von 50 mm erzeugt z.B. an einer Canon 40D den Bildausschnitt eines 80-mm-Objektivs (50 x 1,6). Der Crop-Faktor mag im Telebereich toll sein – aus einem 200-mm-Objektiv wird ein 320-mm-Objektiv –, wer jedoch dynamische Weitwinkelfotos liebt, bekommt Probleme. Denn ein 24-mm-Weitwinkel zeigt an einer Kamera mit kleinem Sensor den Bildausschnitt eines 38-mm-Objektivs – nicht mehr ganz so dynamisch. Um der kleineren Sensorgröße Rechnung zu tragen, haben die Hersteller allesamt neue Objektive entwickelt, die auf die kleineren Sensoren zugeschnitten sind. Sie tragen spezielle Bezeichnungen im Namen. Bei Canon heißen die Objektive EF-S (die Kleinbild-Objektive heißen EF), Nikon hat die speziellen Objektive mit einem zusätzlichen DX am Ende der Bezeichnung versehen. Da diese Optiken für kleinere Sensoren gebaut werden, konnten deren Dimensionen (Größe, Gewicht) deutlich verkleinert werden. Man hat also nicht mehr so viel Gewicht zu schleppen.Und hier noch ein Größenvergleich – diesmal zwischen dem Kleinbildformat und einem APS-C-Sensor von Canon. Nikons DX-Format ist mit 23,6 x 15,8 mm (Umrechnungsfaktor 1,5) etwas größer als die APS-C-Sensoren von Canon.
Objektivtypen
Grundsätzlich lassen sich bei fotografischen Objektiven zwei Gruppen unterscheiden: Festbrennweiten und Zoomobjektive. Wie der Name schon sagt, haben Festbrennweiten eine einzige, nicht veränderbare Brennweite. Zoomobjektive dagegen bieten ein je nach Konstruktion mehr oder weniger großes Brennweitenintervall. Es gibt Kompaktkameras sowohl mit Festbrennweiten als auch mit Zoomobjektiven. Canon, Nikon, Sony, Panasonic, Olympus etc. und die Allround-Hersteller wie Sigma oder Tamron bieten Wechselobjektive für SLRs sowohl als Festbrennweiten als auch als Zoomobjektive für jeden Geschmack und Geldbeutel an.Im Vergleich: das Zoomobjektiv Nikkor AF-S DX NIKKOR 18-105 mm 3.5-5.6G ED VR ...
Vor- und Nachteile von Zoom und Festbrennweite
Großer Vorteil der weitverbreiteten Zoomobjektive ist natürlich die Flexibilität bei der Wahl des besten Bildausschnitts. Man kann sehr schnell die Brennweite am entsprechenden Drehring (SLR-Objektiv; Bridge-Kamera) bzw. über einen Schalter (Kompaktkameras) verstellen, um rasch den Bildausschnitt neu zu bestimmen. Zoomobjektive gibt es in verschiedenen Ausführungen von relativ moderaten Brennweitenbereichen wie z.B. 24-85 mm bis zu Extremzooms mit Brennweiten zwischen 28 und 300 mm.Nachteil der (Mega-)Zooms: Je größer der Brennweitenbereich, desto mehr Kompromisse müssen bei der Objektivkonstruktion eingegangen werden und desto deutlicher treten Abbildungsfehler auf. Vor allem mit Verzeichnung (kissen- oder tonnenförmig), Vignettierung und zum Rand hin deutlicherer Unschärfe muss man leben.
Bei dieser Weitwinkelaufnahme, die auf ein Panoramaformat beschnitten wurde, sieht man noch immer die etwas abgedunkelten Ecken (Vignettierung). Die Ecken wurde zur Demonstration nicht per Software korrigiert, obwohl das mit ein paar Mausklicks möglich wäre.
Mit 18-200 mm ist dieses Megazoom von Sigma vor allem im Urlaub oder auf Schnappschusstour zwar sehr praktisch, die Bildqualität bei Extremstellungen (Weitwinkel, Tele) ist aber nicht mit der von Festbrennweiten vergleichbar.
Besonderheit Spiegelobjektive
Der Vorteil von Spiegelobjektiven für SLR-Kameras liegt in deren großer möglicher Brennweite (500 mm und mehr) bei gleichzeitig kleiner Bauweise. Es gibt in Online-Auktionen oder bei Fotohändlern neue Spiegelobjektive von russischen Herstellern, und auch namhafte Objektivhersteller wie z.B. Sigma haben Spiegelobjektive hergestellt, die manchmal noch gebraucht zu bekommen sind. Nachteile sind die weniger gute optische Qualität (Kontrast, Schärfe) und die Tatsache, dass Spiegelobjektive nur eine feste Blende (in der Fotografie meist f/8) besitzen. Ein kreativer Einsatz für die Variation der Schärfentiefe ist also nicht möglich. Außerdem lässt sich der Fokus mit einem Spiegelobjektiv nur manuell einstellen, was bei kleinem und dunklem Sucherbild oft nur schwer zuverlässig möglich ist. Erwarten Sie also nicht zu viel Komfort und Qualität, wenn Sie sich ein Spiegelobjektiv zulegen.Lichtstärke
Die Lichtstärke – übrigens neben der Brennweite der entscheidende Faktor für den Preis eines Objektivs – wird bestimmt durch das Öffnungsverhältnis, welches sich aus dem Verhältnis zwischen maximaler Blendenöffnung (D) und der Brennweite (f) eines Objektivs nach der einfachen Formel Öffnungsverhältnis = D/f errechnet. Der Kehrwert des Öffnungsverhältnisses ist die Blendenzahl, die auf jedem Kameraobjektiv vermerkt ist. Steht auf dem Rand einer Optik z.B. der Wert f/2 (alternative Schreibweisen sind 1:2, 1/2, F 2) bedeutet dies, dass Sie an Ihrer Kamera maximal Blende 2 einstellen können. Je größer das Öffnungsverhältnis, desto lichtstärker ist das Objektiv.Für die Praxis bedeutet das ganz konkret: Je kleiner der mögliche Blendenwert (z.B. f/2, f/1,4), desto mehr Licht fällt durch das Objektiv bei gleicher Belichtungszeit, Sie benötigen also weniger häufig den Blitz bzw. können auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch aus der Hand fotografieren, ohne zu verwackeln, weil die Verschlusszeiten noch kurz genug sind. Dazu kommt, dass sich die Schärfentiefe mit großer Blendenöffnung dramatisch verkleinern lässt, um z.B. bei einem Porträt den Hintergrund in Unschärfe verschwimmen zu lassen. Wie oben schon angedeutet: Je höher die Lichtstärke, desto höher ist auch der Preis eines Objektivs. Das liegt vor allem daran, dass die Gläser eines hochgeöffneten Objektivs deutlich größer und besser sein müssen als bei einer weniger lichtstarken Konstruktion.
Außerdem ist bei vielen Objektiven eine mehr oder weniger starke Randabschattung in den Ecken (Vignettierung) einzukalkulieren. Chromatische Aberration, mangelnde Schärfe und Vignettierung lassen sich mit modernen Bildbearbeitungsprogrammen am Computer fast komplett korrigieren.
Der Objektivfehler der chromatischen Aberration zeigt sich in Farbverschiebungen an kontrastreichen Kanten. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der linken oberen Ecke des Originals. Die Aberration ist vor allem in den Bildecken ein Problem, lässt sich aber per Software recht gut korrigieren.
Mehrlinsensysteme gegen Objektivfehler
Übliche Fotoobjektive werden, um Abbildungsfehler zu korrigieren, als Mehrlinsensysteme konstruiert. Hierbei kommen verschiedene Linsenformen, zum Teil auch asphärische Linsen, mit unterschiedlichen Beschichtungen zum Einsatz. Da sich die verschiedenen Abbildungsfehler gegenseitig beeinflussen und damit auch die technischen Gegenmaßnahmen voneinander abhängen, ist es praktisch nicht möglich, Fehler ganz zu vermeiden. Trotzdem sind die heute verfügbaren Objektive je nach Kategorie (und Preis) bis zum Maximum optimiert (Korrektion der Abbildungsfehler), was sich in der allgemein guten bis sehr guten Abbildungsqualität zeigt.Das wichtigste Zubehör
Zwei Dinge sind vor allem wichtig, wenn man lange Freude an seinem Objektiv und hochwertige Bilder haben möchte: ein Schutzfilter für die Frontlinse (Skylightfilter) gegen Staub und Kratzer sowie eine Gegenlichtblende (Sonnenblende). Ein einfacher Skylightfilter sorgt einerseits dafür, dass UV-Strahlung gefiltert wird, die den Kontrast und die Farbsättigung reduzieren kann, andererseits schützt sie das empfindliche Glas der Frontlinse vor Staub und Kratzern. Skylightfilter, die einfach in das Gewinde vorn am Objektiv eingeschraubt werden, gibt es in verschiedenen Größen.Noch wichtiger für gute Fotos ist die Gegenlichtblende. Sie verhindert, dass Streulicht seitlich ins Objektiv einfällt. Streulicht erzeugt im schlimmsten Fall Blendenflecken und überstrahlte, kontrastarme Bildbereiche. Die Größe einer Gegenlichtblende ist abhängig von der Brennweite. Je kleiner die Brennweite, desto kleiner muss die Gegenlichtblende sein, da ihre Ränder ansonsten ins Bildfeld ragen und Abschattungen erzeugen würden. Falls Ihrem Objektiv keine Gegenlichtblende beigelegt war, achten Sie beim Kauf unbedingt auf die richtige Größe. Die Originalblenden von Canon, Nikon, Olympus etc. lassen sich immer den jeweiligen Objektiven zuordnen. Der Fachhandel hilft hier weiter.
Kosten und Kauftipps
Einfach gesagt: Je öfter ein Objektiv verkauft wird, desto günstiger kann man es herstellen. Deshalb sind die Objektive der Fremdhersteller Sigma oder Tamron im direkten Vergleich meistens deutlich günstiger als die Geräte der Big Player Canon, Nikon etc. Weitere Faktoren für die Preisgestaltung sind die Lichtstärke (je lichtstärker, desto teurer), die Brennweite (je extremer die Brennweite, desto teurer), die Bildstabilisierung (Objektive mit integriertem Verwacklungsschutz sind teurer) und die Verarbeitung (Metall, Kunststoff, Staub- und Feuchtigkeitsschutz, Linsenkonstruktion).Es ist an dieser Stelle vollkommen unmöglich, eine eindeutige Empfehlung für oder gegen bestimmte Objektive zu geben. Die beste Entscheidungshilfe beim Kauf einer Optik ist Ihre Kamera und Ihr Monitor: Machen Sie eine Reihe an Testaufnahmen mit dem gewünschten Objektiv und kontrollieren Sie die Bilder am Monitor. Aber Vorsicht! Auch bei Objektiven gibt es Montagsautos: Nicht alle Objektive einer Baureihe sind identisch. Wenn Sie also ein Objektiv testen und für gut befinden, sollten Sie auch exakt diese Optik kaufen.
Man sieht schon an der Frontlinse, dass hier eine Hochleistungsoptik an der Kamera hängt. Das 85-mm-Objektiv hat eine enorme Lichtstärke von 1:1,2 und kostet in der aktuellen Version rund 2.000,- Euro. Zum Vergleich: Die Variante mit Lichtstärke 1:1,8 liegt bei ca. 400,- Euro (Foto: Canon).

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Selten findet man solche Information so kompakt und hilfreich zusammengetragen. Sehr gute Arbeit und vielen Dank dafür.
Wie schon Teil 1 sehr informativ!
immer sehr hilfreich
Vielen Dank, für das tolle Tutorials :-)
Sehr hilfreich für mich, danke dafür!
danke für die tollen tipps! ich habe wieder etwas gelernt :o)
Wow! Den ein oder anderen Begriff werde ich wohl noch mal nachschlagen, aber insgesamt hat mich der Beitrag doch sehr weit gebracht, danke!
danke für die super tipps
Auch wenn man es kennt, es ist immer wieder nützlich solche Abhandlungen zu lesen
Sehr sehr gut, danke
super! klar und verständlich. konnte alles sehr gut nachvollziehen.
Gute Erklärung. Dankeschön
Sehr gut erkärt. Danke.
Super Tutorial, sehr informativ!
Wieder etwas gelernt ! :)
Ein wirklich sehr informatives Tutorial!
Es hat viele Fragen beantwortet...
Super Tutorial, sehr informativ und umfangreich.
Bin sehr zufrieden! Danke!
Danke für die Infos war sehr hilfrrich
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