Faszination Indien - Teil 10: Nach der Reise II

Zur digitalen Bildbearbeitung gibt es Tausende Bücher und Tutorials. Um aus jeder einzelnen Aufnahme das Beste herauszuholen, kann man Stunden und Tage und Monate verbringen, je nach Größe des Bildarchivs. Das kann kein Mensch bewerkstelligen. Es muss also einen effektiven Weg geben, die Bilder zu optimieren, ohne nach der ersten Reise den Rest des Jahres mit Photoshop zu verbringen. Im letzten Teil der Reihe stelle ich meinen Workflow vor und gebe Hinweise zu den unterschiedlichen Ausgabemöglichkeiten.
Linktipp: http://www.digitaletiefe.com
Ende März bin ich von meiner letzten Indienreise zurückgekehrt. Dabei reiste ich von Delhi aus über Ajmer, Amritsar und Chandighar zu meinem eigentlichen Ziel, der Kumbh Mela in Haridwar. Den aufgezeichneten Blog dazu stelle ich gerade stückchenweise auf meiner Website ein. Wer möchte, kann dort noch mehr über Indien lesen und sehen.
Aktuelle inhaltliche Übersicht der geplanten Tutorials:
Teil 1: Vor der Reise (Planung, Ausrüstung und Gesundheit)
Teil 2: Der Norden I (Himalaya und die Grenzgebiete)
Teil 3: Der Norden II (Himalaya und die Grenzgebiete)
Teil 4: Rajasthan (Farbenfroher Wüstenstaat)
Teil 5: Das Hindu-Kernland (Heilige Stätten und religiöse Feste)
Teil 6: Der Süden (Tempelanlagen und Strände)
Teil 7: Kumbh Mela (Das größte Fest auf Erden)
Teil 8: Mega-Citys (Delhi, Kolkata und Mumbay)
Teil 9: Nach der Reise I (Auswertung und Bildverwaltung)
Teil 10: Nach der Reise II (Nachbearbeitung und Ausgabe)
Teil 10: Nachbearbeitung und Ausgabe
Zwischen Anspruch und Realisierbarkeit
Ich halte den Anspruch vom perfekten Bild für vermessen. Egal, wie lange und filigran an jeder Aufnahme gearbeitet wird, es geht doch immer noch ein bisschen besser oder, und das ist das eigentliche Problem, etwas anders. Die Stilfrage ist meist auch eine Geschmacksfrage. Ob knackscharf oder etwas weicher, ob kontrastreich oder entsättigt, jedem gefällt es eben anders. In den meisten Fällen versuche ich, meine Aufnahmen so nachzubearbeiten, dass die aufgenommene, scheinbare Realität erhalten bleibt. So, wie ich die Motivszene ablichten wollte und in Erinnerung habe. Starke Verfremdungen vermeide ich. Das Motiv und die Bildwirkungen verstärke ich gerne durch einen passenden Zuschnitt. Dadurch ergeben sich einige Standard-Arbeitsschritte, die ich bei nahezu jedem Bild durchführe, das in die engere Wahl zur Ausgabe gekommen ist:- Gradationskurven
- Tiefen/Lichter
- Schärfen
- Ausgabe
Dass es durchaus auch Ausnahmen gibt, möchte ich zum Abschluss am Beispiel „Fotografenalbtraum“ beschreiben.
Der Workflow
Bei der Nachbearbeitung meiner Aufnahmen folge ich meist einem gewissen Schema. Auf diese Weise stelle ich sicher, dass kein wichtiger Schritt vergessen wird und auch die Reihenfolge nicht durcheinander gerät.Beispielsweise ist das Schärfen des Bildes der letzte Bearbeitungsschritt vor der Ausgabe. Das hat damit zu tun, dass dieser Arbeitsschritt den stärksten, destruktiven Eingriff in die Aufnahme darstellt und es je nach Ausgabe unterschiedliche Kriterien des Schärfens gibt.
TIPP:
Wenn jeder Bearbeitungsschritt auf einer eigenen Ebene oder, noch besser, als Smart-Objekt angelegt wird, lassen sich auch nachträglich Arbeitsschritte, ohne Verluste, rückgängig machen.Gradationskurven
Mit dem Erscheinen von Photoshop CS3 geriet einer der beliebtesten Menüeinträge schlagartig auf das Abstellgleis: Der Menüpunkt Tonwertkorrektur wurde durch die umfangreiche Überarbeitung des Dialogs Gradationskurven nahezu überflüssig. Die Tonwertkorrektur an sich ist natürlich nicht überflüssig, lässt sich jetzt jedoch bequem über den Gradationskurven-Dialog durchführen.Mit der Tonwertkorrektur können drei Tonwertbereiche der Aufnahme beeinflusst werden:
- die Tiefen mit dem Schwarzpunktregler
- die Mitten mit dem Mitteltonregler
- die Lichter mit dem Weißpunktregler
Weiß- und Schwarzpunkt setzen im Gradationskurven-Dialog
In diesem Beispiel wird mithilfe des Dialogs Gradationskurven der Weiß- und Schwarzpunkt neu gesetzt. Dazu legt ihr zuerst eine Einstellungsebene Gradationskurven an.Zieht den Gradationskurven-Dialog aus dem Bild oder zumindest zum Bildrand, um einen neuen Weißpunkt definieren zu können. Sucht dann den hellsten Punkt auf dem Bild, also die Stelle, die als Referenz für Weiß dienen soll. Mit der weißen Pipette klickt ihr auf diese Stelle, und Photoshop passt sämtliche Tonwerte an den neuen Weißpunkt an.
Für das Setzen des Schwarzpunktes gilt die gleiche Vorgehensweise, nur dass diesmal die schwarze Pipette für die Wahl des dunkelsten Punktes zum Einsatz kommt.
Der Gradationskurven-Dialog hat noch wesentlich mehr zu bieten, als hier beschrieben werden kann. Ihr könnt beispielsweise Vorgaben laden und speichern, Anzeigeoptionen ändern oder eigene Kurven erstellen. Setzt dazu einfach Ankerpunkte, indem ihr auf die Helligkeitskurve klickt. Anschließend lässt sich die Kurve durch Ziehen an den Ankerpunkten individuell verändern.
TIPP:
Wenn ihr mit dem Ergebnis nicht zufrieden seid, sucht ihr euch einfach eine neue Stelle für den Weiß- oder Schwarzpunkt aus. Um den gesamten Vorgang rückgängig zu machen, ohne den Dialog zu verlassen, genügt ein Klick auf das zweite Symbol von unten rechts.Tiefen/Lichter
Wird das Motiv vor einem hellen Hintergrund fotografiert, passiert es, dass Strukturen und Zeichnung im Schatten verschwinden oder das Hauptmotiv schlichtweg zu dunkel erscheint. Unter Bild>Korrekturen findet sich der Befehl Tiefen/Lichter. Damit lassen sich die dunklen Bereiche im Bild aufhellen, ohne dass die hellen Bereiche noch heller werden. Es wird also nicht nur das gesamte Bild aufgehellt, sondern ihr könnt genau steuern, wie weit die Aufhellung in den dunklen Bereichen gehen soll. Das funktioniert sehr gut und die Ergebnisse können sich sehen lassen.Anpassen von Tiefen und Lichtern
Achtet darauf, dass die Option Vorschau aktiviert ist, damit das Bild aktualisiert wird, sobald eine Änderung vorgenommen wird. Passt den Grad der Korrektur mit dem Regler Stärke an, oder indem ihr einen Prozentwert in die Felder für Tiefen oder Lichter eingebt. Je größer der festgelegte Wert ist, desto stärker werden die Tiefen aufgehellt.Nachschärfen
Photoshop bietet eine ganze Reihe an Möglichkeiten des Schärfens an. Die Palette geht von der globalen Holzhammermethode bis hin zum filigranen Kanäle schärfen. Nach wie vor eine der besten Methoden (bei vergleichsweise geringem Aufwand) ist das Unscharf maskieren. Dabei solltet ihr euch nicht vom Namen der Methode verunsichern lassen. Damit wird lediglich das Prinzip der Maskierung von lokalen Kontrastunterschieden benannt. Im Ergebnis erhaltet ihr individuell scharfgestellte Bilder. Der Dialog lässt sich über Filter>Scharfzeichnungsfilter>Unscharf maskieren aufrufen.In welchem Radius Pixel mit in die Berechnung einbezogen werden, stellt ihr mit dem Regler Radius ein. Ein Wert zwischen 0,7 Pixel und 2 Pixeln ist an dieser Stelle in vielen Fällen ausreichend. Die Wirkung lässt das Bild kontrastreicher erscheinen. Manchmal benutze ich eher einen höheren Wert bei Stärke und setze den Radius auf etwa 0,5%.
Mit dem Schwellenwert bestimmt ihr, wie unterschiedlich die Farbtöne sein müssen, bevor die Schärfung einsetzt. Je niedriger der Wert, desto stärker fällt die Schärfung aus. Mit einem relativ hohen Wert lassen sich Lichthöfe, die durch eine intensive Stärke und einen großen Radius entstanden sind, wieder ausgleichen.
TIPP:
Wenn ihr mehrmals mit den gleichen Werten schärft, hat das eine weniger starke Auswirkung, als wenn ihr einmal mit der Summe der Werte schärft. Beispielsweise ist dreimal 60 % Stärke nicht so intensiv wie einmal 180 % Stärke.Die Ausgabe
Ein Thema, das immer wieder zu Missverständnissen führt, ist die Frage nach dem Verhältnis von Bildgröße und Auflösung. Erschwerend kommt beispielsweise in Photoshop noch die Angabe der Pixelmaße hinzu.Wählt in Photoshop Bild>Bildgröße aus, und es öffnet sich ein Fenster, in dem die aktuellen Informationen zur Bildgröße angezeigt und verändert werden können.
Praktisch bedeutet das, wenn beispielsweise eine Auflösung von 72 Pixel/Zoll auf 300 Pixel/Zoll erhöht wird und die Bildgröße von 15 x 10 cm beibehalten werden soll, dass Bildinformationen schlichtweg fehlen. Photoshop erstellt die fehlenden Pixel anhand der Farb- und Helligkeitsinformationen der benachbarten Pixel und füllt das Bild damit auf. Das kann aus der Entfernung sogar ganz gut aussehen und für die Produktion großer Plakate ausreichen. Wenn ihr jedoch ins Bild einzoomt, stellt ihr fest, dass Unregelmäßigkeiten vorhanden sind, die auf den neu hinzugekommenen Pixeln beruhen.
Für den normalen Hausgebrauch, sprich Druckvorstufe in gängigen Größen, Fotodruck oder Bildschirmausgabe, reichen die vorhandenen Bildressourcen aus, und ihr müsst euch keine Gedanken über das Interpolieren der Bilder machen. Grundsätzlich gilt: Für den Druck sollte das Bild mindestens eine Auflösung von 240 Pixel/Zoll haben, 300 Pixel/Zoll sind hier ideal, und für die Bildschirmausgabe sind 72 Pixel/Zoll ausreichend. Die Auflösung wird meist in dpi (dots per inch) angegeben.
Das lässt sich natürlich ändern und es können auch andere Anbindungen angezeigt werden. Mithilfe des Reglers Weichzeichnen lässt sich die Dateigröße noch weiter reduzieren. Der Einsatz dieses Reglers ist jedoch mit Bedacht zu wählen, sonst ist die Schärfe gleich wieder hin. Letztendlich geht es darum, einen Kompromiss zwischen Ladezeit und Bildqualität zu finden.
Und sonst noch was?
Natürlich gibt es noch eine Reihe an Bearbeitungs- und Ausgabemöglichkeiten, die ich neben den genannten Standardwerkzeugen einsetze. Dabei experimentiere ich gerne mit Kontrasten, Sättigung und Graustufen. Gelegentlich ist auch mal ein Filter die passende Wahl. Zum Abschluss habe ein paar Beispiele für die Umsetzung angefügt.1. Graustufen, Sepia und Blickfang
Bei den folgenden drei Aufnahmen habe ich über den Photoshop-Dialog Schwarzweiß die Farbaufnahmen in Graustufen umgewandelt. Dabei kann man jeden einzelnen Farbton individuell anpassen. Anschließend habe ich den ersten zwei Bildern einen leichten Sepia-Ton verpasst. Das dritte Bild war überbelichtet. Statt zu versuchen, die Überbelichtung zu korrigieren, habe ich versucht, diese noch zu verstärken. Nach der Graustufenumsetzung habe ich über eine Maske einen Eyecatcher herausgearbeitet.2. Farbton/Sättigung
Im Gegensatz zu den drei vorherigen Aufnahmen habe ich hier die Sättigung der orangefarbenen Blüten erhöht. Das lässt sich unter Farbton/Sättigung mit ein paar Einstellungen leicht bewerkstelligen. Auch hier gilt: Nicht die gesamte Sättigung erhöhen, sondern nur die des gewünschten Farbtons.3. Retuschewerkzeuge
Photoshop hat eine Reihe an ausgezeichneten Retuschewerkzeugen. Manchmal hilft, es ein Bild aufzuwerten, wenn unschöne Objekte entfernt werden.In dem Fall habe ich das klassische Stempelwerkzeug und den Bereichsreparaturpinsel eingesetzt.
Kamera kaputt
In siebten Teil der Reihe habe ich über den Ausfall meiner Kamera berichtet. Das ist natürlich der Albtraum schlechthin. Leicht frustriert und mit deutlich weniger Motivation habe ich die letzten Tage meiner Reise mit einer Notfall-Kamera, einer EOS 350D, fotografiert. Die Kamera ist grundsätzlich nicht schlecht, aber für schwierige Aufnahme- und Lichtbedingungen doch kaum geeignet. Halbherzig habe ich dann Aufnahmen in einem indischen Fitnessstudio gemacht.Zu Hause angekommen, fand ich nach ein wenig Nachbearbeitung die Serie gerade wegen ihrer technischen Schwächen gut. Den Bildern habe ich etwas Sättigung entzogen und sie anschließend leicht scharfgezeichnet. Der dokumentarische Charakter der Serie gefällt mir und erinnert mich an den Spaß, den ich dort hatte. Natürlich kam ich nicht aus der "Drückerbude" raus, ohne meine Kraft beim Bankdrücken zu beweisen.
Das war mein letzter Teil zur Reisefotografie. Ich hoffe, ich konnte einen Einblick in das Reisen und Fotografieren in Indien geben und habe einige Leser mit dem Reisefieber angesteckt. Mir hat diese Art der Tutorial-Reihe viel Spaß gemacht. Im Februar 2011 werde ich erneut nach Indien reisen, um dort einige Feste und Sehenswürdigkeiten zu dokumentieren. Auf meiner Website http://www.digitaletiefe.com werde ich die aktuellen Bilder und Reiseberichte einstellen.

Passend zum Inhalt empfehlen wir:
Smartphone-Fotografie und App-Fotobearbeitung: Tipps & Tricks
klasse Bilder und tolle Eindrücke
Schöne Bilder und gute Auswahl der Motive!
Tolle Serie, klasse Bilder, mit wertvollen Tips, die nicht nur das technische
Know How abhandeln.
Vor allem die Infos zur indischen Kultur, Religon und die Verhaltenshinweise
sind wertvoll.
Ich wünsche mir mehr davon.
Danke für diese tollen Bilder
Danke für die klasse Serie!!!
Wieder ein super Bericht!! Ich ziehe meinen Hut! ich habe selber schon Indien bereist und kann die Fazination Indien verstehen. In den Tutorials waren sehr gute Tips mit sehr guten Fotos verständlich erklärt.
Viel Spaß bei den nächsten Reisen
Diese Serie habe ich genossen! Sie ist lehrreich und mit sehr schönen Bilder versehen. Über weitere Berichte würde ich mich freuen!
Du hast ein wunderbaren Einblick verschafft.
Danke
Echt Klasse freue mich auf weiter Teile
Sehr schön, bin gespannt auf neue Reihe von Indeien-Berichte 2011. Danke
Sehr gut. Bin mal gespannt, wieviel ich davon behalten und beim nächsten Indienurlaub im November umsetzen kann ;-)
schön beschrieben, vielen dank
Schöne Anregungen! Vielen Dank!